Eine müde Woche sei es, erzählt mir ein Kollege, langsam merke er doch die Belastungen der vergangenen Wochen. Von dem stetigen Bemühen, den Dienst trotz aller Einschränkungen eben auf ganz andere Weise als bisher auszuüben. Eine Kollegin erzählt von ihrer großen Erschöpfung durch die geschlossenen Kitas und Grundschulen; zumindest ihr kleiner Sohn kann sich noch nicht länger allein beschäftigen. Wie soll da Home-Office funktionieren? Die letzten neun Wochen haben viele Menschen auch in der Gestaltung und Bewältigung ihres Alltags an ihre Grenzen gebracht, haben müde gemacht und erschöpft. Sorgen um Angehörige kommen dazu, bei mir ist es der Wunsch, endlich einmal wieder meinen Vater im Seniorenheim besuchen zu können. Das Heim, in dem er lebt, hat bislang noch keine Besuche wieder zugelassen.

Schon die alttestamentlichen Psalmbeter haben von der Müdigkeit gesprochen, die aus belastenden Lebenssituationen entsteht: „Ich bin so müde vom Seufzen„, wird da geklagt. (Ps 6,7) Von den „müden Händen“ der Menschen ist die Rede (Jes 35,3), und auch von einer Ursache der menschlichen Müdigkeit: „Du hast dich müde gemacht mit der Menge deiner Pläne.“ (Jes 50,4) Ein durchaus moderner Gedanke, der gut auch auf die letzten Wochen passen könnte. Im Alten Testament findet sich aber nicht nur die Diagnose, sondern auch ein wunderbares „Rezept“: „Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, daß sie auffahren mit Flügeln wie Adler, daß sie laufen und nicht matt werden, daß sie wandeln und nicht müde werden.“ (Jes 40,31) Auf den Herrn harrt, wer einfach auch einmal „lässt“, auf Gott vertraut, daß Er Wege eröffnet, wo wir jetzt noch keine sehen, daß Er Helfer schickt, wo wir uns gerade allein fühlen, daß wir sicher sein können, daß nichts nur an uns und unseren Tun und Laufen, an unseren Plänen und ihrer Umsetzung hängt. Das entlastet, im wahrsten Sinne des Wortes, und lässt uns zu neuen Kräften kommen.

Wer müde ist und erschöpft, braucht Stärkung und Ermutigung. Sich gegenseitig praktisch im Alltag zu unterstützen, wo es nur geht, ist eine wichtige Weise, sich das gegenseitig zu geben. Genauso aber auch sich gute Worte zu sagen, die vom Vertrauen auf Gott erzählen, der alle Müden stärken will. Oft habe ich das in diesen Tagen erlebt, wie hilfreich und stärkend es ist, einfach ein solches Wort weiterzugeben, habe es auch an mir selbst erfahren. Vor einigen Tagen bekam ich Worte der „Ermutigung“ von einem Freund geschickt. Die gebe ich jetzt einfach einmal weiter. Vielleicht stärken sie jemanden, der sich gerade müde und erschöpft fühlt?

„Du, lass dich nicht verbrauchen, gebrauche deine Zeit. Du kannst nicht untertauchen. Du brauchst uns und wir brauchen deine Heiterkeit. Wir woll’n es nicht verschweigen in dieser Schweigezeit. Das Grün bricht aus den Zweigen, wir wollen das allen zeigen. Dann wissen sie Bescheid.“ (Wolf Biermann)

Pastorin Dr. Wiebke Bähnk