„Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen.“ Mehr als 1200 Jahre ist der gregorianische Choral alt, der mit diesen Worten beginnt: Media vita in morte sumus. Ausdruck des Wissen um unsere Vergänglichkeit und Sterblichkeit. Vielleicht ist uns dieses Wissen unter dem Eindruck der Pandemie bewusster noch geworden als in den vergangenen Jahren. Rainer Maria Rilke hat wunderschön-traurige Worte dafür gefunden:
“Die Blätter fallen, fallen wie von weit,
als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.
… Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.”
„Es ist in allen.“ Wir wissen um unsere Vergänglichkeit. Um die unserer Mütter und Väter, Partnerinnen und Partner, unserer Geschwister, unserer Freunde. Um unsere eigene. Ja, sogar um die unserer Kinder. Und doch: Was der Kopf weiß, kann das Herz nur schwer fassen. Um dieses Wissen auszuhalten, mehr noch um die Erfahrung der Vergänglichkeit bei denen, die wir lieben, und bei uns auszuhalten, braucht es Hilfe, braucht es Halt und Trost.
Rilke hat diesen Trost in zwei wunderschöne Zeilen gefasst:
“Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.”

Einer ist da, der all unser Fallen, all unser Sterben und Vergehen und auch all das, was dann für uns kommt, in seinen Händen hält. Der uns in seinen Händen hält. Sie ergreift und uns dorthin leitet, wo uns nichts, aber auch gar nichts mehr von ihm und seiner Liebe trennen kann und wir auf ewig geborgen sind bei ihm. Mit dem 139. Psalm können wir diese Zuversicht im Gebet ausdrücken: Mein Gott, von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über. Führe ich gen Himmel, so bist du da, und bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du auch da. Und nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich halten und deinen Rechte mich führen. Und Jesus Christus, der uns ein für allemal gezeigt hat, daß nach dem Tod Leben auf uns wartet, hat uns gesagt: Ich bin der gute Hirte… Und meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen. (Joh 10,27f) Einer ist da. Und niemand wird uns aus Seiner Hand reißen. Auch der Tod nicht.

Pastorin Dr. Wiebke Bähnk