Im Laufe der Nacht zum 6. Juni 2012 war ein besonderes Ereignis am Morgenhimmel zu beobachten. Die Venus wanderte an der Sonne vorbei. In Itzehoe gehörte man zu den wenigen Glücklichen, die das Schauspiel beobachten konnten.

Die Wettervorhersagen für den Morgen schwankten von sonnig mit wenigen Wolken über hohe Wolkenschleier bis hin zu komplett bewölkt. Außerdem kann der Himmel bei Sonnenaufgang noch blau sein, während es schon kurze Zeit später wie aus Eimern schüttet. Um also schon den Sonnenaufgang mit der Venus beobachten zu können, war ein möglichst hoch gelegener Standort gesucht, so dass die Sonne nicht erst über Häuserschluchten klettern muss. Wo sollte es in Itzehoe so einen Standort geben, wenn nicht auf dem Turm von St. Laurentii?

Also wurde am Abend die Ausrüstung zusammengepackt und der Wecker auf kurz nach 3 Uhr gestellt. Eine Stunde später waren Fernglas und Kamera auf dem Kirchturm einsatzbereit. Jedenfalls wenn man davon absieht, dass die Kamera samt Objektiv vom Stativ gefallen ist und erst durch mehrfaches Schütteln, beherztes Draufklopfen und gutes Zureden wieder zur Mitarbeit bewegt werden konnte. Das war nach all der Vorbereitung ein Riesenschreck, aber da alles schließlich gut ausgegangen ist, kann man jetzt darüber lachen und hat etwas zu erzählen…

Bei gefühlten 5 Grad Celsius war es dort oben ziemlich windig, aber für diesen Fall waren Mütze und Fleecejacke eingepackt. Der Blick nach Nordosten zeigte zartrosa Wolkenschleier. Ein Aufleuchten am Horizont kündigte den bevorstehenden Sonnenaufgang an. Allein dieser Anblick war den Aufstieg und die Schlepperei schon wert. Der Blick nach Süden verhieß allerdings nichts Gutes, dichter Dunst zog auf. Sobald um 05:02 Uhr die Sonne in allerschönstem Rot über die Baumwipfel am Horizont lugte, war der Finger auf dem Auslöser der Kamera. Solange die Sonne es noch nicht ganz über die Bäume geschafft hatte, konnte noch ohne Filter fotografiert werden. Mit zunehmender Helligkeit der aufsteigenden Sonne kam sowohl für die Beobachtung mit dem Auge als auch für die Fotografie der extra aus Sonnenschutzfolie gebastelte Filter zum Einsatz.

Es war einfach überwältigend, tatsächlich das kleine schwarze Venusscheibchen vor der Sonne zu sehen. Um 06:54 Uhr war das Schauspiel vorüber. Es war schon beinahe ein unverschämtes Glück, dass der Dunst und der Kondensstreifen eines Flugzeugs erst genau zu dem Zeitpunkt die Sonne verdeckten, als die Venus sie gerade eben verlassen hatte. Fast zwei Stunden lang Zeuge zu sein, wie ein anderer Planet seine Bahn um die Sonne zieht – wer könnte darüber nicht staunen?

Wer den Transit nicht beobachten konnte, hat am 9. Mai 2016 die nächste Chance. Dann wird Merkur an der Sonne vorbeiziehen. Ein Venustransit findet erst wieder im Jahr 2117 statt.