An den langen Abenden in Corona-Zeiten schaue ich mir Filme an, die die ich lange nicht gesehen habe. Auch dieser gehört dazu: “Und täglich grüßt das Murmeltier” aus dem Jahr 1993. Bill Murray spielt einen unfrohen Fernsehjournalisten, Phil Connors. Er soll in einem kleinen amerikanischen Städtchen von einem Winter-Volksfest berichten, in dem ein Murmeltier “nach alter Legende” voraussagt, wie lange der Winter noch dauert. Unfreundlich und zynisch geht er mit den Menschen in dem Städtchen um, zeigt in seiner Moderation seine Herablassung dem Fest und den Menschen gegenüber und will danach nur, so schnell es geht, weg. Aber er bleibt in einer Zeitschleife stecken, erlebt Tag für Tag denselben einen Tag des Festes wieder. Alle Versuche, aus der Zeitschleife herauszufinden, mißlingen. Bis er beginnt, sich zu wandeln. Hilfsbereit wird, freundlich, bis er tatsächlich Empathie entwickelt, Gefühle wahrnimmt, Freude, aber auch Traurigkeit, bis er wirklich Liebe spürt. Die Befreiung, die Erlösung geschieht durch die innere Veränderung, durch Umkehr zu Barmherzigkeit und Liebe.

Jesus sagt zu dem reichen Jüngling, der ihn nach dem höchsten Gebot fragt, “Tu das, und du wirst leben” (Lukas 10,28) Gemeint ist die Liebe, die zu Gott, die zum Nächsten und auch die zu sich selbst, also die Liebe in allen ihren Teilen. Der Liebe gilt die Verheißung des Lebens. Nichts weniger. Und genauso fordert Jesus uns zur Barmherzigkeit auf: “Seid barmherzig, wie euer Vater im Himmel barmherzig ist” (Lukas 6,36), so heißt es in der Jahreslosung für 2021. Auch der Barmherzigkeit gilt die Verheißung des Lebens mit all dem, was es wirklich ausmacht: Vergebung, Frieden, Glück. Bemerkenswert ist, dass Jesus uns zu Liebe und Barmherzigkeit auffordert, weil Er es uns tatsächlich zutraut, dass wir uns verändern können. Der Feigenbaum, der keine Früchte getragen, bekommt eine neue Chance von ihm; Umkehr und Wandlung sind möglich. Eine Veränderung zu einem Leben im wahrhaftigen Sinne, einem Leben, das zum Leben hilft, anderen Menschen, anderen Lebewesen, damit zuletzt auch mir.

Wir erleben keine Zeitschleifen, das vermute ich zumindest, aber feststecken in dem, was unser Leben bedrückt, tun die meisten von uns auch. In Ängsten und Sorgen um Gesundheit und Zukunft, der unserer Eltern und der unserer Kinder und Enkel, in allen Nöten, die die Corona-Pandemie hervorgerufen oder auch nur an die Oberfläche gebracht hat. Für manch einen mag es sich sogar wie eine Zeitschleife anfühlen, wenn an jedem Morgen die Sorgen wieder warten. Vieles können wir nicht ändern an der Situation, erleben uns als hilflos. Aber in einem wesentlichen Punkt sind wir es nicht. Denn wir können uns verändern. Genau betrachtet können wir überhaupt nur uns verändern. Und wie wir das tun, ob zur Liebe und zur Barmherzigkeit, das ändert dann viel, mehr auf jeden Fall, als wir es oft denken.

Pastorin Dr. Wiebke Bähnk