Über Whatsapp und andere digitale Medien wurden zu Ostern viele Bilder verschickt als Zeichen der Hoffnung, der Zuversicht, den Empfängern zur Freude. Ein Bild habe ich mehrfach von Freunden geschickt bekommen; es scheint in diesem Jahr zu Ostern als besonders passend empfunden zu werden: Das Bild des Auferstandenen auf dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald. Der Altar stammt aus einer Zeit, in der in Mitteleuropa eine Seuche umging, das sogenannte „Antoniusfeuer“, die Tausende von Menschen das Leben kostete. Erst im 17. Jahrhundert erkannte man, daß ein Getreidepilz, das giftige Mutterkorn, Auslöser der Krankheit war.

Wer auf dem Altar, der heute im Musee d’Unterlinden in Colmar steht, den Gekreuzigten ansieht, sieht all den Schmerz der Menschen damals (und sicher heute auch noch) in dem leidenden und sterbenden Christus widergespiegelt. Leidvoller und drastischer ist sein Leiden nur selten dargestellt worden. Strahlender und heller ist aber auch der Auferstandene kaum einmal dargestellt worden. Das Hoffnungsbild für alle, die leiden und sterben – daß Christus der triumphierende Sieger über den Tod ist. Und allen, die jetzt leiden, als Erstling der Entschlafenen (1. Kor 15,20) in das Licht der Auferstehung vorangeht.

Nur eines lässt sich in allem Leuchten leicht übersehen: Dass der Auferstandene noch immer der Gekreuzigte ist. Dass er noch immer die Wunden an Händen, Füßen und an der Seite trägt. Aber sie sehen verwandelt aus: Sie leuchten. Auch bei uns: Die Wunden werden bleiben. Die Wunden der Ärzte und Ärztinnen, der Pflegekräfte, die Entscheidungen über Leben und Tod treffen müssen. Die Wunden der Familien, in denen vertraute Menschen sterben. Und das auch noch, ohne daß sie Abschied nehmen können. Die Wunden der Frauen und Kinder, die in diesen Tagen der Isolation Gewalt erfahren. Sie bleiben auch nach Ostern. Aber sie stehen in einem anderen Licht. In dem der Hoffnung auf Verwandlung und Neubeginn. Und es kann geschehen, daß auch unsere Wunden sich verwandeln, uns verwandeln. Von dieser Hoffnung zumindest kündet Ostern. Und erzählt das Bild des Auferstandenen von Matthias Grünewald.

Pastorin Dr. Wiebke Bähnk